Die Schirn in Frankfurt zeigt in einer umfassenden Ausstellung bis 21. Mai 2023 ihren großen Facettenreichtum.
Rund 100 Arbeiten geben einen Überblick über alle Werkphasen.
Niki de Saint Phalle war eine französische Künstlerin ( 29.10.1930 - 21.5.2002 ), die für ihre farbenfrohen Skulpturen und Installationen bekannt ist.
Sie war jedoch auch eine Feministin und Ehefrau, deren Kindheit und Jugend ihr künstlerisches Schaffen beeinflusst haben. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das bewegte Leben dieser außergewöhnlichen Frau.
Kindheit und Jugend
Saint Phalle wurde 1930 in eine wohlhabende französische Familie geboren.
Die Mutter war eine amerikanische Filmschauspielerin und ihr Vater entstammte aus einem alten französischen Adelsgeschlecht.
Während des Börsenkrachs 1929 verlor der Vater, ein Bankier, sein Vermögen.
Ihr Zuhause war von Konflikten und Spannungen geprägt.
Der Vater war gewalttätig und missbrauchte sie ab ihrem 11. Lebensjahr.
Ihre Mutter litt unter Depressionen.
Ihre Eltern trennten sich, als sie ein Kind war. So verbrachte sie ihre Kindheit zwischen Frankreich und den USA.
Ab 1937 lebte sie in der USA, wo sie aufgrund ihres Temperaments öfter die Schule wechseln musste.
Karriere, Ehefrau und Mutter
1948 startete Niki Saint Phalle ihre Karriere als Model.
Am 6.6 1949 heiratete sie ihren Jugendfreund Harry Mathews.
1950 malte sie ihre ersten Bilder.
1951 wurde sie Mutter einer Tochter, 1955 wurde ihr Sohn geboren. Sie begann jedoch bald, sich gegen die Rolle einer traditionellen Ehefrau und Mutter aufzulehnen.
1952 siedelte die Familie nach Paris um, wo Niki eine Schauspielschule besuchte.
Nach einem Nervenzusammenbruch 1953 erholte sie sich in einer psychiatrischen Klinik, wo sie wieder mit dem Malen begann.
Hier beschloss sie dann, die Schauspielausbildung abzubrechen und sich ganz der Kunst zu widmen.
Ihre Ehe mit dem Schriftsteller und Regisseur Harry Mathews, endete 1960. Die Kinder blieben beim Vater.
In zweiter Ehe heiratete sie den Künstler Jean Tinguely.
Mit ihm zusammen hatte sie einen weiteren Sohn.
Diese Ehe dauerte von 1971 bis Tinguelys Tod im Jahr 1991.
Niki hatte eine enge Beziehung zu ihrem 2. Ehemann und die beiden arbeiteten oft gemeinsam an Projekten.
Ihre Beziehung und Zusammenarbeit spielte eine große Rolle in Saint Phalles künstlerischen und persönlichen Leben. Tinguely half, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entwickeln und zu verbessern.
Niki de Saint Phalle: Eine Pionierin weiblicher Kunst
Saint Phalle wurde als eine der ersten Künstlerinnen bekannt, die explizit feministische Themen in ihren Werken aufgriff.
Ihre Kunst war eine Reaktion auf die patriarchalen Strukturen, die sie in ihrem eigenen Leben erfahren hatte.
Eines ihrer bekanntesten Werke, die "Nana"-Skulpturen, entstanden 1965. Es waren starke, unabhängige Frauenfiguren, die für weibliche Stärke und Selbstbestimmung stehen.
Die Nanas waren eine Hommage an die weibliche Sexualität und Schönheit.
In den 1960er Jahren wurde Saint Phalle international bekannt durch spektakuläre Performances, bei denen sie ihr Publikum einbezog. Für ihre „Schießbilder“, schoss sie mit einer Pistole auf Leinwände, die mit Farbe gefüllt waren. Diese Arbeiten wurden als feministischer Kommentar zur männlichen Domäne der abstrakten Malerei und als Ausdruck ihrer eigenen Wut und Aggression interpretiert.
Diese Arbeiten zeigten Saint Phalles unerschrockene Herangehensweise an heikle Themen und ihre Fähigkeit, durch ihre Kunst eine starke politische Aussage zu machen.
Ihre Werke, Zeichnungen, Schriften, Großplastiken und Installationen waren nicht nur für ihre Farbenpracht bekannt. Sie nutzte für ihre Kunst nicht nur traditionelle Materialien wie Marmor und Bronze, sondern auch Gegenstände des täglichen Lebens wie Plastik, Knöpfe, Steine, Kaffeebohnen, Nägel und Scherben.
Diese unkonventionelle Herangehensweise an die Kunst hatte einen signifikanten Einfluss auf die Kunstszene und zeigte, dass Kunst aus jedem Material gemacht werden kann.
Künstler und Kunstströmungen, die das Werk von Niki de Saint Phalle beeinflusst haben
Niki Saint Phalle hatte in ihrer Karriere viele Kontakte zu anderen Künstlern und Persönlichkeiten der Kunst- und Kulturszene.
Hier sind einige Beispiele:
Jean Tinguely: Der Schweizer Künstler und Bildhauer war einer der wichtigsten Menschen in Saint Phalles Leben und auch ihr langjähriger Lebensgefährte. Gemeinsam arbeiteten sie an vielen Kunstwerken und Installationen, darunter auch die berühmte Stravinsky Fountain in Paris.
Seine kinetischen Skulpturen, die aus mechanischen Bauteilen bestehen und sich bewegen, beeinflussten Saint Phalles eigene Arbeiten und trugen zu ihrer künstlerischen Weiterentwicklung bei.
Jasper Johns: Der amerikanische Künstler und Maler war einer der bedeutendsten Vertreter der Pop-Art-Bewegung. Er und Saint Phalle lernten sich 1961 in New York kennen und wurden enge Freunde.
Robert Rauschenberg: Ein weiterer wichtiger Vertreter der Pop-Art-Bewegung, den Saint Phalle in den 1960er Jahren kennenlernte. Die beiden Künstler teilten viele Interessen und arbeiteten an einigen gemeinsamen Projekten.
Andy Warhol: Saint Phalle traf Warhol zum ersten Mal 1962 in New York und besuchte sein Atelier. Die beiden Künstler blieben bis zu Saint Phalles Tod Freunde.
Yves Klein: Der französische Künstler und Maler war ein wichtiger Vertreter des Nouveau Réalisme. Er war bekannt für seine monochromen Gemälde in kräftigen Blau- und Goldtönen. Saint Phalle arbeitete zeitweise in Kleins Atelier und lernte von ihm die Technik der Schichtung von Pigmenten, die sie später in ihren eigenen Arbeiten einsetzte.
Die beiden Künstler waren eng befreundet.
Salvador Dalí: Der spanische Maler und Surrealist war ein frühes Vorbild für Saint Phalle und ein wichtiger Einfluss auf ihre Arbeit. Sie traf ihn erstmals 1963 in New York.
Saint Phalle verehrte Dalis surrealistische Kunst und sein Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit. Seine Arbeit inspirierte ihren eigenen kreativen Ausdruck und ihre Vorliebe für das Absurde und Unkonventionelle.
Auguste Rodin: Saint Phalle zeigte sich von Rodins Formensprache und dem leidenschaftlichen Ausdruck in seinen Skulpturen inspiriert.
Jackson Pollock: Saint Phalle bewunderte Pollocks expressive und kraftvolle Malerei. Sie war fasziniert von seiner Art, Farbe und Formen auf die Leinwand zu bringen. (Technik des "Drip Painting", bei der Farbe auf die Leinwand getropft wird)
Pollocks Maltechniken inspirierten Saint Phalle zu experimentelleren Techniken in ihrer eigenen Kunst.
Pablo Picasso: Picasso war einer der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts und beeinflusste auch Saint Phalles Werk. Sie besuchte ihn in seinem Atelier in Südfrankreich und ließ sich von seiner räumlichen Darstellung von Formen und der Verwendung von Farbe inspirieren.
Vincent van Gogh - Saint Phalle bewunderte van Goghs mutige Pinselstriche und Farbverläufe. Sein Werk "Sternennacht" diente als Inspiration für Saint Phalles "Schutzengel-Skulpturen".
Alexander Calder - Calder war ein amerikanischer Künstler, der bekannt für seine kinetischen Skulpturen und Mobiles war. Seine Arbeiten beeinflussten Saint Phalles Bewegung in Richtung kinetischer Kunst.
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da Saint Phalle im Laufe ihrer Karriere mit vielen Künstlern und Persönlichkeiten zusammenarbeitete und befreundet war.
Reisen
Saint Phalle war eine begeisterte Reisende und hatte das Glück, viele verschiedene Kulturen und Länder kennenzulernen. Diese Reisen hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf ihr Kunstschaffen und ihre Perspektive auf die Welt.
Saint Phalles philanthropische Arbeit
Sie gründete die Stiftung "Artccour" (Arts Cour), die sich der Förderung der Kunst und Kultur in Frankreich widmet. Die Stiftung setzte sich auch für die Förderung junger Künstler ein und bot ihnen die Möglichkeit, ihre Arbeiten auszustellen und zu verkaufen.
Fazit
Niki de Saint Phalle war eine ungewöhnliche und inspirierende Persönlichkeit, die sowohl in ihrem Leben als auch in ihrem Kunstschaffen immer wieder neue Wege beschritt, um ihre Botschaft zu vermitteln.
Als Pionierin der weiblichen Kunst haben ihre Visionen und Ideen nicht nur die Kunstszene verändert, sondern auch dazu beigetragen, dass Frauen in der Kunst und Gesellschaft insgesamt mehr Anerkennung und Respekt erfahren haben.
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